Tanzende Regentropfen
Prasseln von wilden, tanzenden Regentropfen auf den Fensterscheiben, Blitze ziehen über das Dach
meines Zuhauses hinweg. Umgeben vom ruhigen Schein unzähliger Kerzen im wohligen schützenden
Raum, lausche ich meinem Inneren, seinen Regungen und Flüstern. Sanftmut. Hin spüren.
Wahrnehmen. Der Tanz hat mich heute eingeladen, einem kurzen Moment die Tore zu meiner Seele
zu öffnen, um diese fliegen zu lassen. Ein besonderer Moment, von dem ich koste wie von einem
seltenen Nektar. Die Essenz der Freude, die in diesem Augenblick ihren Ausdruck schenkte. Ein
Geschenk von meiner Seele an mich selbst, um mich weiter in Geduld zu üben, die Sehnsucht zu
füttern, weiter voran zu schreiten auf dem Weg, den ich gewählt habe. Freude ist mein Taktgeber.
Eine andere, als ich sie im Außen finde. Filigraner, sanftmütiger, weiblicher, wärmer, nicht möglich
festzuhalten, wie der Hauch des Windes. Berührung in der Selbstliebe. Im Moment ist alles da, bin ich
alles, was ich bin. Ein Lächeln umschmeichelt meine Lippen. Ich brauche nichts und es gäbe nichts,
was dieses Gefühl erheben könnte, denn ich bin! Ich bin frei und tanze mit meiner Seele! Es war mir,
als hätte ich meiner Seele in die Augen gesehen. Sie weckte mich aus dem Schlaf des Dornröschens
meines Menschseins. Präsenz im Augenblick. Ich bin erschüttert und fühle mich geliebt von mir
selbst. Der verloren geglaubte Tanz, der mein eigener Weg an die Anbindung zu mir selbst ist, ist
nachhause gekehrt. Weit bin ich ausgezogen, weit weg von mir selbst um wieder anzukommen in
mir. Stärker, wissender um einen Teil, was ich bin. Vor wenigen Tagen – als ich mit meiner eigenen
Verletzbarkeit konfrontiert wurde vor einer großen gläsernen Tafel – las ich folgendes Zitat Kurt
Eisners:
Jedes
Menschen
leben
soll heilig
sein
Lebendigkeit findet nur statt, wenn ich alles in mir zulasse und annehme. Jedes Gefühl, jede Regung
hat seine Daseinsberechtigung. Sanftmut klingt in letzter Zeit in mir. Mit Mut habe ich viele Schritte
bewältigt, bin vorangeschritten, habe mich aus dem Verlust gekämpft. Nun weht ein anderer Wind in
meinem Leben. Ruhiger, langsamer, sanfter und dennoch verbunden mit Mut. Ich entdecke neue
Räume der Erfahrung, reife heran, beobachte mich. In der Sanftmut liegt Verzeihen und eine andere
Form von Verständnis. Und die Hingabe meiner an meine Seele. Der Mensch ist heilig. Das Leben ist
heilig. Ich erfahre, wie sehr die Achtung des eigenen Lebens maßgeblich ist für ein gutes
Miteinander. Manchmal schmerzt es andere, wenn man bei sich bleibt. Doch durch diese Größe und
dem Rückgrat zu sich selbst, schenken wir ihnen ein Meer an Erfahrungen, die Gabe des Loslassens,
die Entkoppelung von Brauchen und Gefühl und damit ein Vertrauen in sich selbst. Anstatt wie es
bisher in meiner Natur lag, sich hinzugeben durch ein Sich-Aufgeben durch die Bedürfniserfüllung
eines anderen. Und in diesem Tragen der Fackel des Feuers des Lebens stecken wir andere Fackeln
an und bringen ein neues Lichtmeer zum leuchten. Ich danke meinem Leben für die wunderbaren
Gaben und der Führung durch meiner Seele.